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#mezzogiorno – Vortragsreihe mit Sabino Cassese, Emanuele Felice, Gianfranco Viesti, Carlo Trigilia, Alessandro Cavalli

Vortragsreihe #mezzogiorno am Istituto Italiano di Cultura Berlino – Herbst 2018

Die Vortragsreihe wurde von Prof. ALESSANDRO CAVALLI konzipiert.    

In fast allen europäischen Ländern gibt es mehr oder minder nicht nur territorial und wirtschaftlich ausgeprägte Ungleichgewichte zwischen bevorzugten und benachteiligten Regionen. Diese Ungleichgewichte weisen eine historische Beharrlichkeit auf, auf wenn ihre Reduzierung gelegentlich zum Gegenstand politischer Anstrengungen wird, die teils Erfolge erzielen, aber auch teils nicht erfolgreich sind. Wenn die benachteiligten Regionen einen geografisch miteinander verbundenen und relativ homogenen Block bilden, spricht man von einem territorialen „Dualismus“. In der Europäischen Union gibt es drei Fälle, bei denen diese Kategorie des Dualismus die Realität eines Landes beschreibt: Belgien, Deutschland und Italien. Unter Auslassung des belgischen Falls, bei dem neben dem wirtschaftlichen Ungleichgewicht die ethnisch-linguistische Trennung zwischen Wallonen und Flamen hinzukommt, sind es Deutschland und Italien, die sich für einen Vergleich eignen. In den Jahren nach der deutschen Wiedervereinigung haben Historiker, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler tatsächlich verschiedene Vergleichsstudien über diese beiden Fälle angestellt.

Nach fast 30 Jahren lohnt sich vielleicht ein Nachdenken über den italienischen Fall insofern als in der deutschen öffentlichen Meinung manchmal noch immer ein archaisches Bild eines rückständigen und traditionsverhafteten Mezzogiorno zu bestehen scheint, das dessen Realität nicht mehr widerspiegelt, denn der Mezzogiorno hat sich in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt, auch wenn das Gefälle gegenüber dem Rest des Landes geblieben ist.

Das Vorhandensein eines starken territorialen Gefälles zwischen den Nord- und Zentralregionen und denen des Südens ist eine Konstante der Nachvereinigungsgeschichte Italiens. In den letzten 150 Jahren hat die „questione meridionale“ verschiedene Phasen erlebt und Anlass zu verschiedenen Interpretationen ihres Entstehens und ihres Fortlebens gegeben. Einige Interpretationsversuche konzentrieren sich auf das historische Erbe, auf die Geschichte der italienischen Teilstaaten. Andere Interpretationen unterstreichen, wie die italienische Vereinigung das Nord-Süd-Gefälle noch vertieft hat, indem sie die norditalienischen Regionen begünstigte und die süditalienischen benachteiligte. Andere wiederum betrachten die jüngere Zeit seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs bis heute, in denen sich Phasen der Reduzierung, des Stillstands und des Vertiefens der Distanz zwischen den großen sozio-geografischen Gebieten des Landes abgewechselt haben.

In der Gegenwart zeigen aktuelle makro-ökonomische Daten, Untersuchungen über sozio-kulturelle Faktoren und die Wahlforschung, dass das Gefälle nicht nur weiterbesteht, sondern sich auch zu verschärfen scheint. Es stellen sich daher sowohl Fragen zum innereuropäischen Zusammenhalt als auch bezüglich der Bruchlinien, die Europa vom Norden zum Süden und vom Westen zum Osten durchziehen. 

Die Vorträge

7. November Die Ursprünge der „questione meridionale“

Der Zyklus wird von einem Vortrag von Sabino Cassese eröffnet. Der Jurist und Historiker hat über lange Jahre die Geschichte des Mezzogiorno und der „questione meridionale“ in der Nachvereinigungszeit im 19. Jahrhundert, zum Faschismus und zur Demokratie der Nachkriegszeit untersucht.

14. November Das Nord-Süd-Gefälle

Der Wirtschaftshistoriker Emanuele Felice, Professor an der Università Gabriele D’Annunzio Pescara erklärt in dem zweiten Vortrag unserer Reihe die Gründe, wieso das Nord-Süd-Gefälle in den Nachkriegsjahrzehnten zurückgegangen ist und sich in anderen Zeiten verstärkt hat.

21. November Die Auswirkungen der Krise auf die Wirtschaft und die Gesellschaft Süditaliens

Im dritten Vortrag unserer Reihe erklärt der Wirtschaftswissenschaftler Gianfranco Viesti (Università di Bari), wie sich die weltweite Finanzkrise und die Politik der Euro-Staaten auf die süditalienische Wirtschaft ausgewirkt haben. Gleichzeitig zieht Viesti einen Vergleich zu den östlichen Bundesländern.

28. November Das Dilemma der Politik 

Im vierten Vortrag unserer Reihe erläutert Carlo Trigilia, Soziologiedozent in Florenz und ehemaliger Minister für die soziale Kohäsion in der Regierung Letta, die verschiedenen Förderpolitiken für Süditalien und geht insbesondere auf die Phase nach der sogenannten „Sonderintervention“ zur Stärkung der lokalen Ressourcen ein.

4. Dezember Die Auswirkungen der Migration. Ist ein Vergleich mit Ostdeutschland möglich?

Im abschließenden Vortrag wagt sich Alessandro Cavalli, ehemaliger Soziologieprofessor an der Università di Pavia, an eine Zusammenfassung der behandelten Themen und geht insbesondere auf die Auswirkungen der jüngsten Migrationsbewegungen auf die Bildung der Führungsebenen in Süditalien, auf die kulturellen Faktoren, die sie kennzeichnen und auf Analogien und Unterschiede zu den östlichen Bundesländern ein.

Alle Vorträge finden um 19:00 Uhr in italienischer Sprache mit Simultanübersetzung statt.